Der Begriff Zinsen leitet sich vom lateinischen Wort census ab, das so viel wie Abschätzung bedeutet. Per Definition sind Zinsen ein Entgelt, das dem Gläubiger für die Überlassung von Kapital oder Sachen gezahlt wird. Zinsen waren bereits im alten Sumer üblich. Oftmals waren sie umstritten. Im Mittelalter verbot zum Beispiel die Kirche allen Christen, Geld gegen Zinsen zu verleihen. Zu den bekanntesten Zinsen im täglichen Leben gehören Kreditzinsen und Miete (Entgelt für die Nutzung des Wohnraums). Weniger bekannt sind dagegen kalkulatorische Zinsen.
Was ist mit kalkulatorischen Zinsen gemeint?
Der Begriff kalkulatorische Zinsen wird im innerbetrieblichen Rechnungswesen verwendet. Es handelt sich um fiktive Zinsen, die das Unternehmen erzielt hätte, wenn es Eigenkapital nicht in das Unternehmen investiert, sondern auf dem Finanzmarkt angelegt hätte. Kalkulatorische Zinsen sind wichtig bei der Preiskalkulation , weil sie zu den Kostenarten gehören, die zwar nicht als Aufwand in den Kostenberechnungen in Erscheinung treten, trotzdem aber bei der Kalkulation berücksichtigt werden müssen. Diese Kosten werden als Zusatzkosten oder Anderskosten bezeichnet. Sie sind für die exakte Ermittlung der Selbstkosten unverzichtbar. Zu den Zusatzkosten gehören außer den kalkulatorischen Zinsen:
- Abschreibungen
- Mieten
- Unternehmerlohn
- Wagnisse (Verluste)
Wie entstehen kalkulatorische Zinsen?
Jedes Unternehmen benötigt Kapital. Das besteht sowohl aus Eigenkapital als auch aus Fremdkapital. Beide Arten bilden das Gesamtkapital, das im Anlage- und Umlaufvermögen gebunden ist.
Für das von ihm genutzte Fremdkapital muss der Unternehmer der Bank bzw. seinen Gläubigern/Investoren Zinsen bezahlen. Sein Eigenkapital stellt er dagegen zinslos zur Verfügung. Hätte er stattdessen das Eigenkapital am Kapitalmarkt angelegt, würde er dafür Zinsen erhalten. Dieser Zins entgeht ihm natürlich, wenn er das Geld stattdessen als Eigenkapital in sein Unternehmen steckt. Der Verlust der entgangenen Zinsen wird als Opportunitätskosten bezeichnet (Opportunität = Gelegenheit). Sie sind nichts anderes als ein entgangener Gewinn oder entgangener Nutzen einer virtuellen Kapitalanlage.
Warum werden kalkulatorische Zinsen berechnet?
Das Ziel besteht darin, die Verzinsung des Eigenkapitals als Faktor in die Berechnung der Kosten zu integrieren. Dadurch wird erreicht, dass das Betriebsergebnis genauer berechnet werden kann. Werden die kalkulatorischen Zinsen in die Berechnung einbezogen, weist es nur den Gewinn aus, der den mit der eigenen Betriebstätigkeit über eine am Kapitalmarkt hinaus gehende Verzinsung erwirtschaftet werden kann. Da kalkulatorische Zinsen zu den Selbstkosten gehören, wird dadurch eine gezielte Steuerung dieser Kosten erleichtert. Auch die Vergleiche von Zeit, Leistung und Betrieb werden durch diese Zinsen genauer. Durch die kalkulatorischen Zinsen wird der Einfluss der durch Fremdkapital hervorgerufenen kurzfristigen Zinsschwankungen erheblich reduziert.
Kurz gesagt, ermöglicht die Berücksichtigung kalkulatorischer Zinsen eine genauere Darstellung der Rentabilität eines Unternehmens.
Ohne Berücksichtigung dieser Opportunitätskosten würde die wirtschaftliche Situation eines Unternehmens mit einem hohen Anteil an Fremdkapital schlechter als das eines Unternehmens mit mehr Eigenkapital dargestellt werden,
Wie werden kalkulatorische Zinsen berechnet?
Die Berechnung dieser Kosten ist nicht gerade einfach. Kalkulatorische Zinsen sind aufgrund der Abnahme des Finanzierungsbedarfs und der laufenden Abschreibung von Jahr zu Jahr rückläufig. Sie müssen jedoch über die gesamte Nutzungsdauer zurück berechnet werden. Zur Berechnung der kalkulatorischen Zinsen werden nur diejenigen Bestandteile berücksichtigt, die im betriebsnotwendigen Kapital gebunden sind. Die Formel zur Berechnung lautet wie folgt:
DGK= (AK + RBW)/2
DGK: Durchschnittlich gebundenes Kapital
AK: Anschaffungskosten
RBW: Restbetriebswert
Die kalkulatorischen Zinsen sind für die Berechnung der tatsächlichen Herstellungskosten im internen Rechnungswesen des Unternehmens erforderlich. In der Handels- und Steuerbilanz der Firma tauchen sie jedoch nicht auf. Das ist laut § 255 Abs 3 Satz 1 HGB nicht zulässig. Dort steht, das Zinsen für Fremdkapital nicht aktiviert werden dürfen. Diese Bestimmungen treffen erst recht auf die fiktiven Zinsen für das Eigenkapital zu.
Was gewinnt das Unternehmen durch die Berechnung der kalkulatorischen Zinsen?
Werden die kalkulatorischen Zinsen in die Preiskalkulation einbezogen, gelingt es dem Unternehmen, die Herstellungskosten genauer zu berechnen. Würde auf die Einbeziehung verzichtet werden, hätte das zur Folge, dass die Preisuntergrenze zu niedrig berechnet werden würde. Durch die Einbeziehung der kalkulatorischen Kosten kann das Unternehmen den Preis ermitteln, den es im Idealfall für seine Produkte oder Dienstleistungen verlangen könnte.
Oftmals existiert dieser Preis aber nur in der Theorie, da er in der Realität aus Wettbewerbsgründen auf dem Markt nicht zu erzielen ist. In diesem Fall muss der so genannte konkurrenzfähige Preis erzielt werden.
Die Einbeziehung der kalkulatorischen Zinsen in die Berechnung der Kosten trägt dazu bei, eine faire und transparente Preisstruktur zu schaffen, die das Vergleichen der Preise unterschiedlicher Unternehmen erleichtert.